Wie weiter mit frühkindlicher BNE?

© Thomas Ernst/ Stiftung Kinder forschen
14. Oktober 2022 in Berlin: Rund 60 Teilnehmende tauschten ihre Fragen, Ideen und Lösungsansätze zur Zukunft frühkindlicher BNE aus.

Unser Land braucht die Kitas an der Seite von Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). Und genauso brauchen die Kitas unsere Unterstützung. Bildungspläne, Personalnot, Klimaangst: Wo drückt der Schuh und welche Lösungsansätze gibt oder braucht es? Bei unserem BNE-Fachtreffen am 14. Oktober 2022 gab es dazu einen anregenden Austausch.

Wie und wo lernen wir, nachhaltiger zu handeln? Das Potenzial guter Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) ist im Bereich frühkindlicher Bildung besonders groß. Allerdings ist es hier auch besonders herausfordernd, das Konzept flächendeckend zu etablieren. Es gibt dafür keine generelle staatliche Zuständigkeit, der Großteil aller Kitas sind unter freier Trägerschaft und die regionalen Interessen und Qualitätsstandards sind sehr unterschiedlich. Damit möglichst viele Kitas im Land zu vorbildlichen Lernorten für Nachhaltigkeit werden können, müssen Bund, Länder, Kommunen, Träger, Kitapersonal und Eltern mithelfen. Glücklicherweise bewegt sich hier seit einigen Jahren etwas – auch wenn immer noch große Stolpersteine wie fehlendes Kitapersonal im Wege liegen.

Drei Sichtweisen auf die BNE-Zukunft: Politisch, psychologisch und wissenschaftlich

Wie kann es also weitergehen mit frühkindlicher BNE? Zu dieser Frage brachte unsere Stiftung Mitte Oktober 2022 in Kooperation mit dem Fachforum "Frühkindliche Bildung" der Nationalen Plattform BNE etwa 60 Leute aus allen Teilen des Landes in Berlin zusammen – Menschen aus den Bereichen Fortbildung, Kita, Trägerschaft, Wissenschaft und Politik, die sich mehrheitlich schon länger für BNE einsetzen.

Bei einem Panel wurden drei Sichtweisen auf die Zukunft frühkindlicher BNE eingebracht. Erstens: Das Bundesfamilienministerium möchte mit dem neuen Kita-Qualitätsgesetz die Rahmenbedingungen für die Fachkräfte in Kitas verbessern. Auf die Ausgestaltung des Bildungsangebots hat das Ministerium keinen Einfluss – hier sind weiterhin Länder, Kommunen und Träger gefragt. Daneben steuert das Bundesbildungsministerium bereits seit sieben Jahren das nationale Vorhaben, BNE in der Bildungslandschaft zu verankern. Ab Ende des Jahres soll mit einer Kampagne nochmals verstärkt auf BNE aufmerksam gemacht werden. Der Bund kann dazu beitragen, BNE als grundlegendes Bildungsverständnis in den Bundesländern zu etablieren.
Zweitens geht es um Aktion statt Depression. Psychologisch betrachtet scheint unsere Gesellschaft von den großen Nachhaltigkeitskrisen bzw. den Gefühlen, die sie auslösen, blockiert zu sein. BNE könnte helfen, dass Menschen ihre Angst, Trauer, Wut, Schuld und Scham nicht einfach verdrängen, sondern gemeinsam dagegen aktiv werden. Kitapersonal, das gelernt hat, diesen Emotionen Raum zu geben, hat selbst die nötige Sicherheit und kann sie den Kindern vermitteln und Selbstwirksamkeitserfahrungen ermöglichen. So werden Emotionen zum Motor für Veränderung.
Und drittens: Eine Analyse des Instituts Futur der Freien Universität Berlin hat ergeben, dass sich in den Bildungsplänen beim Thema Partizipation und Kinderrechte ein positiver Trend abzeichnet. Im Feld der Ausbildung des Kitapersonals sei allerdings im Hinblick auf BNE und Nachhaltigkeit immer noch viel Luft nach oben. Erzieherinnen und Erzieher sollten daher unbedingt die Chance nutzen, sich in diesem Feld weiterzubilden. Außerdem gilt es, die Eltern zur Unterstützung stärker einzubeziehen.

„Hinterlassen Sie lieber einen Handabdruck!“

Wer sich für Nachhaltigkeit und BNE engagiert, muss mit Widerständen rechnen und darf sich dadurch nicht entmutigen lassen. Bei einem der Workshops auf dem Fachtreffen stellte Katrin Bosshard von Psychotherapists for Future dem eher bedrohlichen Leitbild des ökologischen Fußabdrucks den ökologischen Händedruck entgegen – soll heißen: „Handeln Sie nicht für sich allein, sondern beziehen Sie andere mit ein!“ Sei es eine Petition, die man unterschreibt und teilt oder eben eine Aktion in der Kita, die alle Beteiligten einbindet. „Trauen Sie sich, Alternativen gegen die Klimakrise aufzuzeigen – zum Beispiel, dass gutes Essen auch ohne (viel) Fleisch auskommt.“ Jeder Handabdruck hilft, Reichweite zu erzeugen und stärkt vor allem das Gefühl des Zusammenwirkens. „Halten Sie sich nicht zurück!“ Jeder darf und sollte sich als Vorbild sehen. Auch Fachkräfte und ihre Kitas können Leuchttürme für viele andere sein.

Was braucht eine gute BNE-Fortbildung? Und wie bleiben Kitas bei der Stange?

Auf dem Fachtag gab es die Möglichkeit, in mehreren spontanen Gruppen zu jeweils einer bestimmten Frage ins Gespräch zu gehen. Darunter zum Beispiel: Was macht eine gute BNE-Fortbildung aus? Und: Wie können Kitas nach der BNE-Fortbildung sozusagen bei der Stange gehalten werden?

Zur Frage nach einer gelungenen BNE-Weiterbildung stellte Nicole Spiekermann von der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF) kurz die wichtigsten Ergebnisse einer Literaturrecherche vor, die die Erkenntnisse ausgewählter Studien bündelt. Das größte Augenmerk liegt dabei auf der Planung des Fortbildungsangebots – also Ziele der Fortbildung, Grundprinzipien, Inhalte und Methoden. So sollte bspw. das praktische Handeln einen hohen Stellenwert haben und eine möglichst positive, konstruktive Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeit erfolgen. BNE sollte zudem inhaltlich umfassend berücksichtigt und nicht verengt werden. Methodisch hilft es u.a., wenn sich die Teilnehmenden als Forschende erleben können. Das komplette Arbeitspapier mit allen erfassten Gelingensbedingungen kann Ende des Jahres hier auf der WiFF-Website kostenfrei heruntergeladen werden.

Im turbulenten Alltag vieler Kitas fällt es nicht gerade leicht, nach dem Besuch einer Fortbildung das anspruchsvolle BNE-Konzept konsequent in der Einrichtung umzusetzen. Was alles dazu gehört, können Träger und Kitas einem Referenzrahmen entnehmen, der 2020 vom nationalen BNE-Fachforum Frühkindliche Bildung erarbeitet und herausgegeben wurde. Wie können die Kitas darüber hinaus bei der langfristigen Veränderung hin zu einem BNE-Lernort unterstützt werden? Dazu gab es auf dem Treffen auch einige Ideen. Der Pädagogik-Verlag wamiki beispielsweise lud dazu ein, den Prototypen eines neuen Spiels auszuprobieren, das Kita-Teams motivieren und helfen soll, BNE ganz praktisch und ideenreich im Alltag umzusetzen. Herzstück ist ein buntes Großplakat von einem Meeres-Riff, das sich dank der Umsetzung verschiedenster Aufgaben im Team mit der Zeit zum bunten Lebensraum entfaltet. Außerdem gibt es mit der Initiative KITA21 im Norden des Landes auch die Möglichkeit, Einrichtungen als BNE-Kita auszeichnen zu lassen – das Angebot umfasst Fortbildung, Beratung und Vernetzung. Andere Ideen sind bspw. regionale Arbeitskreise oder BNE-Stammtische zu gründen, an die sich Fachkräfte und andere BNE-Interessierte niedrigschwellig wenden können. Community-Building, Zusammenhalt stärken, große und kleine Erfolge sichtbar machen – BNE ist eine soziale Aufgabe und gelingt am besten, wenn man weiß, dass es immer mehr Leute gibt, die sich dafür interessieren und einbringen wollen. Nach dem Fachtag reisten viele mit neuem Mut und Ideen zurück in ihre Region.

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Drei Mädchen in der Kita beobachten ein Experiment zum Thema Wärme
© Christoph Wehrer/ Stiftung Kinder forschen

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Portrait von Susanne Hein
Autor/in: Susanne Hein

Hallo, ich bin Kommunikationsreferentin im "Haus der kleinen Forscher" und betreue schwerpunktmäßig den Bereich frühkindliche Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE).

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