Was Organisations-Entwicklung im Bereich Kita ausmacht

Eine Erzieherin sitzt mit Kindern auf dem Boden und malt mit Buntsfiften auf einem Blatt Papier
© Stiftung Kinder forschen/Christoph Wehrer
In der Qualitätsentwicklung gibt es bereits Ansätze, die auf Organisationsentwicklung hindeuten.

Das Thema Organisationsentwicklung (OE) in der Kita scheint einen Nerv zu treffen. Insgesamt 230 Teilnehmende aus verschiedenen Berufsgruppen nahmen am 25. Januar 2022 an einem Webinar des Projekts Forum KITA-Entwicklung teil, in dem ein Team der Unis Hildesheim und Dortmund seine Expertise zum Thema vorstellte. Die Bilanz: ein geglückter Austausch verschiedener Perspektiven, obwohl es in der Kita noch gar keinen etablierten OE-Begriff gibt.

Ziel der Expertise, die Prof. Dr. Peter Cloos, Prof. Dr. Carola Iller sowie Stephanie Simon und Jessica Prigge, im Auftrag des Forums KITA-Entwicklung erarbeitet haben, war es, das Grundwissen zu Organisationsentwicklung (OE) in Kitas zusammenzutragen. Was genau versteht man eigentlich unter OE? Wie passt sie zu Kitas? Welche Forschung gibt es zu ihrer Wirkung?

In ihrem Vortrag mussten Simon, Prigge und Cloos zunächst feststellen, dass es in der Kita noch keinen etablierten OE-Begriff gibt. Allerdings gibt es viele Ansatzpunkte, denn OE passiert in der Kita bereits, wird aber nicht immer so benannt. Im derzeit vorherrschenden Qualitätsmanagement bzw. der Qualitätsentwicklung werden bereits OE-Aspekte umgesetzt. Grundsätzlich gilt: Wenn OE partizipativ über die verschiedenen Ebenen eines Systems arbeitet, werteorientiert und partizipativ ist, dann passt das gut zur pädagogischen Arbeit im frühkindlichen Bereich. Wichtig ist jedoch, dass Konzepte aus der Wirtschaft in den Bereich der Frühpädagogik nicht einfach übertragen werden. OE darf zudem für die Mitarbeitenden nicht nur "Anstrengung" sondern auch "Belohnung" sein.

Wir brauchen ein eigenes Konzept, was zu Kitas passt!

Prof. Dr. Peter Cloos, Universität Hildesheim

Drei Thesen zur Organisationsentwicklung in Kitas

Das Expertisen-Team fasst die Erkenntnisse zur Organisationentwicklung in Kitas aus Sicht der Beschäftigten in drei zentralen Thesen zusammen:

1. OE soll unser (kita)eigener Begriff werden

  • OE soll sich an unseren unterschiedlichen Bedürfnissen ausrichten.
  • OE soll unseren Wandlungsprozess gestalten.
  • Wie können wir OE nutzen, dass es nicht nur "Anstrengung"; sondern auch "Belohnung" ist? Was brauchen wir dafür?

2. OE soll partizipativ und dialogisch sein

  • ergebnisoffen, flexibel und emanzipativ
  • Wie können wir über partizipative Ansätze aller Akteurinnen und Akteure und ihre divergenten Sichtweisen miteinbeziehen?
  • Wen brauchen wir dafür?

3. OE können wir nicht alleine machen

  • OE soll organisationsbezogenes Empowerment sein.
  • OE soll gesellschaftliche und bildungspolitische Anforderungen kritisch reflektieren.
  • Wie schaffen wir uns dafür gute Strukturbedingungen (Raum, Zeit und Personal)?

Den ganzen Vortrag ansehen

Highlights aus der anschließenden Diskussion

An den Vortrag schloss sich eine lebhafte Diskussion an. Im Mittelpunkt stand unter anderem die Abgrenzung von Organisationsentwicklung und Qualitätsentwicklung.

OE beinhaltet einen Mehr-Ebenen-Blick. Qualitätsentwicklung bezieht sich in erster Linie auf die einzelne Kita und den Träger. Es gehören unbedingt mehr ins Boot – auch die Politik ist ein wichtiger Teil vom System Kita.

Karin Doering, Kita-Leitung und Referentin für pädagogische Fortbildungen

Auch der Begriff der Organisationsethik spielte eine Rolle. Die Diskutierenden regten an, in künftigen Veranstaltungen Werte und Orientierungen für das Feld der Frühpädagogik festzulegen. Verantwortliche aus Verwaltung, von Trägern, Politik, Wissenschaft und Praxis sollten idealerweise zusammenkommen und sich austauschen, was die Organisation Kita eigentlich ist und braucht.

Damit Organisationsentwicklung zu Kita passt, darf sie nicht zu technisch sein. Das Spezifische der Organisation Kita muss in den Blick genommen werden, ihr gesellschaftlicher Auftrag, die Kitakultur, die Perspektiven der Kinder.

Petra Wagner, Institut für den Situationsansatz

Wo sollte Organisationsentwicklung beginnen? Die verschiedenen Antworten auf diese Frage sind gleichzeitig richtig, stellten die Diskutierenden fest: Einerseits können kleine Schritte von Einzelnen gegangen werden, zum Beispiel einer Kita oder einem Träger. Jede einzelne Fachkraft hat einen Verantwortungsbereich, in dem sie etwas bewegen kann. Gleichzeitig können Träger und politische Entscheiderinnen und Entscheider aber auch Rahmenbedingungen anpassen, um OE im System zu erleichtern. Insbesondere wenn verschiedene Tätigkeiten auf verschiedenen Ebenen zusammenkommen, besteht das Potenzial eines großen Effekts.

Das Team der Expertise

Dr. Peter Cloos ist seit 2009 Professor für die Pädagogik der frühen Kindheit an der Universität Hildesheim und forscht u.a. zu Inklusiver Bildung in der frühen Kindheit, multiprofessionellen Teams und und professionellem Handeln in der Kindheitspädagogik.

Dr. Carola Iller ist Professorin für Weiterbildung an der Stiftung Universität Hildesheim. Schwerpunkte in Forschung und Lehre: Bildung und Kompetenzentwicklung im Lebenslauf, Bildungsbeteiligung und Partizipation, Familienbildung, Institutionen der Erwachsenenbildung

Jessica Prigge, M.A., ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Institut für Sozialpädagogik, Erwachsenenbildung und Pädagogik der frühen Kindheit an der Technischen Universität Dortmund. Forschungsschwerpunkte: Professionalisierung und Evaluation, soziale Ungleichheit, Methoden der empirischen Sozialforschung

Stephanie Simon, M.A., ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Institut für Sozialpädagogik, Erwachsenenbildung und Pädagogik der frühen Kindheit an der Technischen Universität Dortmund. Forschungsschwerpunkte: Bildung, soziale Ungleichheiten, Armut, Pädagogik der Kindheit, Professionalisierung, qualitativ-rekonstruktive Bildungs- und Sozialforschung.

Portrait von Eva Weyer
Autor/in: Eva Weyer

Für mich ist forschendes und entdeckendes Lernen eine Leidenschaft. Seit meinem Studium der Pädagogik beschäftige ich mich damit, wie man institutionalisiertes Lernen besser machen kann – spannender, anwendbarer und mit gleichen Chancen für alle. Ich forsche und lerne selbst gerne und deswegen passt die Arbeit in der Stiftung "Haus der kleinen Forscher" gut zu mir. Im Team Forschung und Entwicklung bin ich für den Austausch mit Fachleuten aus Wissenschaft und Praxis zuständig.

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Portrait von Alexander Matzkeit
Autor/in: Alexander Matzkeit

Alexander Matzkeit leitet das Projekt "MINT und Leseförderung"

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