Profi-Tipps für eine nachhaltige Verpackung

Zweier-Selfie vor einer Steinwand. Carolin Völker hat dunkle Haare und trägt ein gelbes Oberteil, Johanna Kramm ist dunkelblond und trägt eine schwarze Bluse.
© privat
Carolin Völker (links) und Johanna Kramm kennen sich mit nachhaltigen Verpackungen aus.

Vermeiden, verbessern, recyceln und wiederverwenden: Dr. Johanna Kramm und Dr. Carolin Völker denken in alle Richtungen, wenn es um Nachhaltigkeit bei Verpackungen geht. Gemeinsam leiten sie die Nachwuchsgruppe PlastX am Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) in Frankfurt am Main. Im Interview erklären sie die Funktionen von Verpackungen, warum Papier nicht die Lösung ist und dass es sich lohnt, mit Kindern über nachhaltigen Konsum zu sprechen.

Welche Funktionen haben Verpackungen eigentlich?

Carolin Völker (CV): Verpackungen haben ganz viele Aufgaben: Eine wichtige ist, Lebensmittel lange frisch zu halten und sie zu portionieren. Eine unversehrte Verpackung ist außerdem eine Garantie dafür, dass auch das Produkt darin unversehrt ist. Verpackungen transportieren viele Informationen für die Verbraucherinnen bzw. Verbraucher und über den Barcode auch für die Logistik. Und besonders wichtig für den Produzenten: Die Verpackung wirbt für das Produkt.

Trotz all dieser Funktionen: Muss es wirklich immer so viel Verpackung sein?

Johanna Kramm (JK): Das kann man auf jeden Fall hinterfragen, zum Beispiel bei sogenannten Doppelverpackungen, also wenn Dinge erst in Kunststoff und dann noch mal in eine Papiertüte eingewickelt sind. Die meisten Produkte im Supermarkt sind bisher nicht so designt, dass sich jemand gefragt hat, wie sich Verpackung sparen lässt.

CV: Und die Werbung macht einen sehr großen Teil der Verpackung aus. Würden wir darauf weniger Wert legen und uns auf zentrale Funktionen beschränken, ließe sich viel einsparen.

JK: Hinzu kommt, dass man bis vor einigen Jahren Einwegverpackungsmüll nicht wirklich hinterfragt hat. Das hat sich verändert, auch weil immer deutlicher wurde, dass das Recycling von Einwegverpackungen nicht richtig funktioniert.

An allen Schrauben drehen

Was können wir tun, um Verpackungen nachhaltiger zu machen?

CV: Es gibt mehrere Wege. Der erste ist: vermeiden, wo es geht. Das heißt für mich, wir nehmen weniger oder sogar gar kein Verpackungsmaterial. Mehrwegverpackungen zu nutzen, ist ein anderer Weg. Außerdem kann man Plastik auf jeden Fall besser machen, zum Beispiel indem man einheitlichere Materialien nimmt. Dann kann es besser recycelt werden. Wir müssen an allen Schrauben drehen.

Könnte man Plastik nicht durch andere Verpackungsarten ersetzen?

JK: Nein, einfach alles zu ersetzen, ist auch nicht die Lösung. Denn dabei werden ebenfalls Rohstoffe verbraucht, die später entsorgt werden müssen. Und es sind noch mehr Aspekte, die die Ökobilanz eines Produkts beeinflussen: Wird zum Beispiel Plastik durch Glas ersetzt, ist das Produkt beim Transport viel schwerer und dadurch wird wiederum mehr CO2 ausgestoßen. Bei einem regionalen Produkt kann sich Glas deshalb beispielsweise eher lohnen als bei einem mit langem Transportweg.

Auch bei der Papierherstellung entsteht Müll

Kinder mit bunten Papiergesichtern
© Christoph Wehrer / Stiftung Kinder forschen
Durch den reinen Umstieg auf Papier lassen sich nicht alle Verpackungsprobleme lösen.

Wie ist es mit Verpackungen aus Papier und Karton?

JK: Papier und Pappe brauchen auch CO2 und Wasser bei der Herstellung und müssen später ebenfalls entsorgt werden.

CV: Wir denken oft, Papier ist besser, weil wir Plastik mit billig, grellbunt und künstlich assoziieren. Außerdem sehen wir Plastik in der Natur als Müll herumliegen, Papier eher nicht. Das ist schneller weg. Den Müll aber, der bei der Papierproduktion entsteht, den sehen wir nicht.

Was können wir Verbraucherinnen und Verbraucher tun, um uns im Hinblick auf Verpackungen nachhaltig zu verhalten?

CV: Man kann einiges unverpackt einkaufen. Es heißt oft, dass das nur den Besserverdienenden offensteht, und für Unverpackt-Läden mag das zutreffen. Aber es gibt mittlerweile auch im Supermarkt Produkte, die man unverpackt kaufen kann, Obst und Gemüse etwa. Das ist ein erster Schritt.

JK: Inzwischen funktioniert es auch gut, dass Sie im Supermarkt Ihre Frischhaltedose für Wurst bzw. Käse an der Theke abgeben. Oder Sie schauen, was es für Märkte in Ihrer Region gibt. Das löst teilweise zudem gleich das Problem mit dem langen Transportweg und Produkte haben einen geringeren CO2-Abdruck. Viel tut sich im Moment auch im Kosmetikbereich: Stückseife statt Flüssigseife, Haarseife statt Shampoo.

CV: Und es hilft, im Supermarkt nach bestimmten Produkten zu fragen oder zu sagen, dass man gerne verpackungsarm einkaufen würde. Man kann vieles an Supermärkten kritisieren, aber sie richten sich schon auch danach, was die Kundschaft will. Darum haben sie beispielsweise die Mehrwegnetze für Obst und Gemüse eingeführt.

Wenn die Öffentlichkeit hinschaut

Heißt das, wir Verbraucherinnen und Verbraucher müssten unsere Macht häufiger nutzen?

JK: Man kann nicht die ganze Verantwortung auf die Kundschaft abwälzen. Aber ich denke schon – und das hat die Debatte um den Plastikmüll gezeigt –, dass sich etwas tut, wenn die Öffentlichkeit hinschaut.

Lohnt es sich, mit Kindern über Verpackungen und nachhaltigen Konsum zu sprechen?

CV: Auf jeden Fall! Ich glaube, wenn immer mehr Kinder in dem Bewusstsein aufwachsen, dass sich etwas ändern muss, dann wird das langfristig auch passieren. Und oft sind es gerade die Kinder, die beispielsweise zu Hause am Abendbrottisch sitzen und sagen: "Wir müssen etwas anders machen."

Portrait von Katharina Hanraths
Autor/in: Katharina Hanraths

Als Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ist es mein Ziel, dass so viele Menschen wie möglich erfahren, was die Stiftung Kinder forschen macht und anbietet. Nicht einfach nur, weil es mein Job ist, sondern weil ich überzeugt bin, dass gute frühe MINT-Bildung Kindern noch viel mehr bringt als bloßes Wissen über Aggregatzustände und Stromkreise.

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