"Mein Lieblingsfach in der Schule war Mathe."

Porträtfoto von Lisa Paus
© Bundesregierung / Steffen Kugler
Lisa Paus ist seit 2009 Abgeordnete im Deutschen Bundestag.

Lisa Paus ist seit April 2022 Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Zuvor war die Volkswirtin Sprecherin für Finanzpolitik der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Wir haben sie gefragt, ob ihr Herz eher für die Stadt oder das Land schlägt, wann MINT in ihr Leben trat und welche bundespolitischen Ziele sie mit ihrem Ministerium hat.

Das Thema unserer "Forscht mit!"-Ausgabe lautet "Überwintern in Stadt, Land, Wald". Sind Sie ein Stadt- oder eher ein Landmensch? Und wenn Sie die Wahl hätten, wo würden Sie lieber überwintern, auf dem Land oder in der Stadt?

Ich komme eigentlich vom Land, lebe aber lange – und gerne – in Berlin, also in der Großstadt. Wenn Schnee liegt, bin ich gerne auf dem Land und gehe dort spazieren oder mit meinem Sohn Schlittenfahren. Bei nassgrauem Schmuddelwetter ist mir die Stadt lieber – da gibt es mehr Angebote, da kann ich bei Regen auch mal ins Kino gehen.

Zu den Zielen Ihres Ministeriums im Bereich Kinder und Jugend zählt auch der Ausbau der Kinderbetreuung. Welche Pläne haben Sie hier konkret und warum heißt der Bereich nicht längst Kinderbildung?

In der Tat: Die Bezeichnung dieses Ziels ist wahrscheinlich ein Stück weit "historisch gewachsen". Inzwischen wissen wir, wie fundamental die frühkindliche Bildung für eine gesunde Entwicklung und für die späteren Bildungschancen ist. Allerdings ist auch der Betreuungsaspekt nach wie vor wichtig, denn eine verlässliche Kindertagesbetreuung trägt dazu bei, dass Eltern Familie und Beruf vereinbaren können. Um den Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung ab dem vollendeten ersten Lebensjahr zu erfüllen, fördern Bund, Länder und Kommunen den Ausbau der Kindertagesbetreuung. Gemeinsam wurden in den letzten 15 Jahren fast 800.000 zusätzliche Kita-Plätze geschaffen. Doch die Nachfrage übersteigt immer noch das Angebot.

Der frühe Vogel fängt den Wurm – die Grundlagen für eine gute Bildung werden in der Kita gelegt. Welche Rolle spielt die Kindertagesstätte als elementare Bildungseinrichtung Ihrer Meinung nach und wie kann diese gestärkt werden?
 

Wie wichtig diese erste Bildungsetappe außerhalb der Familie ist, haben zahlreiche Studien belegt. Dabei spielt die Qualität der Kita eine große Rolle: Es braucht gute pädagogische Fachkräfte, die liebevolle Beziehungen gestalten. Hier gibt es weiterhin große Unterschiede zwischen den Ländern. Wir haben daher ein KiTa-Qualitätsgesetz auf den Weg gebracht. Es unterstützt die Länder, wenn sie in festgelegte, besonders wichtige Qualitätsbereiche investieren wollen, etwa in sprachliche Bildung oder einen guten Fachkraft-Kind-Schlüssel. Bis zum Ende der Legislaturperiode wollen wir außerdem ein Qualitätsentwicklungsgesetz mit bundesweiten Standards erarbeiten, damit Kinder überall in Deutschland gut unterstützt und gefördert werden.

Ziel unserer Stiftung ist es, den Erwerb von MINT-Kompetenzen bei Kindern in Kita, Hort und Grundschule zu fördern. Welche konkreten Maßnahmen planen Sie, damit die Pädagoginnen und Pädagogen trotz der oft prekären Personalsituation in den Einrichtungen ausreichend Zeit für Weiterbildungen in diesem Bereich erhalten?

Noch nie waren so viele Beschäftigte in der frühen Bildung tätig wie heute. Und wir wissen, dass Erzieherinnen und Erzieher gerne bereit sind, an Weiterbildungen teilzunehmen. Der Bund unterstützt dies über das KiTa-Qualitätsgesetz. Es gibt den Ländern die Möglichkeit, Maßnahmen zu ergreifen, die Zeiten für Weiterbildungen sicherstellen, selbstverständlich auch im MINT-Bereich.

 

Inzwischen wissen wir, wie fundamental die frühkindliche Bildung für eine gesunde Entwicklung und für die späteren Bildungschancen ist.

Lisa Paus

Pädagogische Fach- und Lehrkräfte in Kitas, Horten und Grundschulen sind vielerorts mit Kinderarmut konfrontiert. Als Ministerin plädieren Sie für die Etablierung einer Kindergrundsicherung – weshalb ist diese aus Ihrer Sicht notwendig?

Die Kindergrundsicherung ist notwendig, damit Unterstützung endlich auch dort ankommt, wo sie benötigt wird: bei den Kindern und ihren Familien. Heute werden leider viele Kinder nicht erreicht. Zum einen, weil zahlreiche Eltern nicht wissen, was ihnen zusteht – etwa der Kinderzuschlag oder Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket. Zum anderen, weil es zu bürokratisch ist, die einzelnen Leistungen zu beantragen. Ich will noch in dieser Legislaturperiode viele dieser staatlichen Leistungen in der neuen Kindergrundsicherung bündeln. Sie soll aus zwei Komponenten bestehen: einem einkommensunabhängigen Garantiebetrag und einem gestaffelten Zusatzbetrag, der vom Einkommen der Eltern abhängt.

Als studierte Volkswirtin liegt Ihnen der Umgang mit Zahlen. Können Sie sich erinnern, wann Sie in Ihrer Bildungslaufbahn den ersten Kontakt mit MINT hatten?

Sehr früh. Meine Eltern hatten einen Maschinenbaubetrieb. Da habe ich alle Bereiche kennengelernt. Als kleines Kind habe ich mit meiner Mutter Lohntüten geklebt, später konnte ich erklären, wie ein Schrägaufzug funktioniert. Mein Lieblingsfach in der Schule war Mathe. Und das hilft mir bis heute weiter. Wenn ich mit dem Finanzminister über den Haushalt verhandle oder wenn ich ausrechne, welche Einkommensschichten von welchen Entlastungsmaßnahmen am meisten profitieren.

Portrait von Stephanie Eschen
Autor/in: Stephanie Eschen

Ich bin Referentin für Kommunikation in der Stiftung Kinder forschen.

Alle Artikel von Stephanie Eschen