"Es gibt einen Ort jenseits von Richtig und Falsch"

Ein Mädchen schaut durch ein Papprohr ins Irgendwo.
© Christoph Wehrer/Stiftung Kinder forschen
Mit Kinderaugen sieht die Welt anders aus - wer weiß? Schön ist es jedenfalls, wenn sich Erwachsene auf diese andere Sicht einlassen.

Jonas Görtz ist Referent für Netzwerke der Stiftung "Haus der kleinen Forscher". Er kennt die Inhalte, die Vision, er weiß was er tut und wofür. Und dennoch – immer wieder begeistern ihn die Ideen und das Engagement der pädagogischen Fach- und Lehrkräfte, überraschen ihn der Enthusiasmus und die Sicht auf die Kinder. Gerade in Zeiten der Verunsicherung und Veränderung. Hier sein Bericht von einem Fachtag in Hessen – einem digitalen wohlgemerkt.

  • Warum ist das Wasser in der Kanne durchsichtig und im Meer blau?
  • Warum mischen sich die Farben auf weißem Papier nicht?
  • Woher kommt das warme Wasser für unsere Kita Heizung?
  • Können Regenwürmer husten?

Diese wunderbaren Fragen habe ich von Pädagoginnen und Pädagogen bekommen. Es sind Fragen, die ihnen Kinder gestellt hatten, Fragen, auf die es keine einfache und schnelle Antwort gibt, aber die so viel Potenzial bergen, dass ich unbedingt davon erzählen möchte. Diese Fragen hier begegneten mir während eines digitalen Fachnachmittags bei unserem hessischen Netzwerkpartner: Die MINT-Region Südhessen an der IHK Darmstadt bot eines meiner Lieblingsformate der Stiftung "Wer fragt, der forscht – wer forscht, der fragt" in digitaler Variante an.

170 Pädagoginnen und Pädagogen aus ganz Hessen nahmen an dem Fachtag teil

Ein weiter Blick in einen Seminarraum, ein Mann und eine Frau stehen vor einem großen Bildschirm
© Stiftung Kinder forschen
Am digitalen Fachtag "MINT und Sprache" nahmen 170 Pädagoginnen und Pädagogen teil. Die Referierenden, Veronika Meiwald (li.) und Stephan Gühmann (re.) begeisterten.

Und weil das Digitale uns neue Möglichkeiten bietet, fanden mit vereinten Kräften mit weiteren hessischen Netzwerkpartnern an die 170 Pädagoginnen und Pädagogen aus ganz Hessen ihren Weg zu dieser Veranstaltung, die sich mit eben jenen Fragen von Kindern beschäftigen –  und wie man ihnen mit guter, früher MINT-Bildung begegnen und im gleichen Atemzug noch ihre so wichtigen Sprachkompetenzen gleich mit unterstützen kann.

Dabei boten sich mir spannende und erhellende Einblicke in den Alltag der Kita- und Grundschulkräfte: Vor manchen Bildschirmen wurde es richtig gemütlich, drängten sich doch des Öfteren gleich mehrere Kolleginnen und Kollegen, ja sogar ganze Teams vor ihre Kameras, um dem Stiftungsreferenten Dr. Stephan Gühmann und der Logopädin Veronika Meiwald beim Vortrag zu lauschen, wie sich gute frühe MINT-Bildung für nachhaltige Entwicklung zusätzlich noch positiv auf die sprachliche Entwicklung auswirken kann.

Gute frühe Bildungsarbeit – trotz allem

"Zusätzlich" – das ist in Kitas, Horten und Grundschulen zurzeit ein Wort, das die Mitarbeitenden dort oft und gefühlt immer öfter hören. Daher beeindruckte mich wirklich, dass so viele Pädagoginnen und Pädagogen sich die Zeit genommen hatten, um an diesem Fachnachmittag teilzunehmen und ihre eigenen Kompetenzen weiter zu entwickeln. Trotz allem.

  • Trotz einer anhaltenden Corona-Welle, die an vielen Stellen die so wichtigen frühkindlichen Bildungseinrichtungen in der Wahrnehmung vieler auf reine Betreuungsstationen degradierte.
  • Trotz des weiter fortlaufenden pädagogischen Alltags im Hintergrund mit Kolleginnen und Kollegen, die weiter arbeiten mussten, mit Kindern, Eltern, Tests und Masken.
  • Trotz der dünnen Personaldecke, die oftmals wenig Luft lässt für die so notwendige und Kraft gebende Zeit für die eigene Weiterbildung und damit verbundene Motivation, einen echten Unterschied im Leben derjenigen zu machen, die für viele von uns als besonders schützenswert gelten: die Kinder in Kitas, Horten und Grundschulen. Die Kinder, die so wunderbare Fragen stellen können.

Der Kopf ist rund, damit das Denken seine Richtung wechseln kann.

Der kindzentrierte Blick auf die pädagogische Praxis im Alltag, den wir vonseiten der Stiftung nicht nur teilen, sondern in der Bildungslandschaft nachhaltig verankern wollen, kommt so treffend wie schön formuliert in einer Chatnachricht während der Veranstaltung zum Ausdruck:

"Es gibt einen Ort jenseits von Richtig und Falsch. Dort will ich mich mit dir treffen. Viele Kinder werden lernenttäuscht durch zu frühe Bewertung des eigenen Denkens.
Ganz einfach zu merken, wenn wir die Kinder ernst nehmen können wir selber sehr viel mitnehmen. Kinder machen Spaß und ich sag immer: Der Kopf ist rund damit das Denken seine Richtung wechseln kann." Dahinter ist noch ein Smiley gesetzt.

Beeindruckt war auch meine Kollegin und Netzwerkkoordinatorin bei der IHK Darmstadt, Cristina Battisti, die die Veranstaltung verantwortete und dazu einlud: "Ich war wirklich überrascht davon, wie viele Pädagoginnen und Pädagogen – trotz der momentan wirklich sehr schwierigen Situation in den Einrichtungen – an diesem Fachtag teilgenommen haben. Außerdem hat mir sehr gut gefallen, wie interessiert die Teilnehmenden dabei waren und wie engagiert sie sich eingebracht haben."

Positives Feedback für das digitale Format

Der größte Lohn für Fortbildner und Fortbildnerinnen ist wohl positives Feedback durch die Teilnehmenden. Davon gab es reichlich im Chat sowie in einer kleinen Erhebung im Nachgang, viele konnten auch nur wegen des digitalen Formats überhaupt teilnehmen:

"Liebe Veranstalter dieses Fachtages, in einem Fall muss ich der Pandemie dankbar sein.
Dadurch konnten wir ohne erhebliche Wegezeit, die uns an der Arbeit mit dem Kind dann
fehlt, an solch einem gelungenen Fachtag teilhaben. Bitte denken Sie daran, falls es auch
später wieder in Anwesenheit geht, es wird immer wieder Pädagogen geben, die sich aus
Zeitgründen über solch ein Format freuen. Allen ein herzliches Dankeschön!"

Als Mitarbeiter der Stiftung, der viel Zeit und Kraft gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen, mit Netzwerkpartnern und Partnern in den Regionen aufgewendet hat, um gute, frühe Bildung auch in der Pandemie mithilfe von digitalen Formaten zu ermöglichen, ist diese Art von Annahme und Dankbarkeit ein Geschenk.

Das noch größere Geschenk ist jedoch das Wissen, dass es so viele und engagierte Pädagoginnen und Pädagogen in den Kitas, Horten und Grundschulen gibt, die sich trotz aller Widrigkeiten immer und immer wieder, jeden Tag und mit aller Kraft für gute Lernumgebungen und Räume für Kindesentwicklungen einsetzen.

Und dafür bin ich besonders dankbar.

Portrait von Jonas Görtz
Autor/in: Jonas Görtz

Gemeinsam geht's besser. Dafür setze ich mich als Referent Netzwerke bei der Stiftung "Haus der kleinen Forscher" in der Begleitung ihrer Netzwerkpartner in Hessen und im Saarland ein. Gemeinsam ist's auch schöner, denn neben Arbeitsteilung, Zielerreichung und Strategieentwicklung macht die Beziehungsarbeit zu unseren Partnerinnen und Partnern in den Regionen großen Spaß. Gern arbeite ich auch in und für Gruppen, am liebsten als Moderator oder einfach nur Kollege vom Dienst.

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